Das war’s. Es geht nicht mehr – die Zeiten sind einfach zu schnell für die ältere Generation geworden. Für die Frauen und Männer, die sich noch an das Geräusch der 56k Modems erinnern können, die sich ins Internet einwählten. Die damals mit ihren Eltern Kämpfe ausfochten, wer wie lange mit dem einzigen Telefon im Haus telefonieren dürfen. Ganz zu Schweigen von allen, die mit nur drei Fernsehkanälen aufgewachsen sind. 

Es geht nicht mehr – das ist eine Einschätzung, die überall kolportiert wird: Wir brauchen die älteren Arbeitnehmer nicht mehr. Durch die Automatisierung in vielen Bereichen und die Digitalisierung fallen vor allem solche Tätigkeiten weg, die heute noch von älteren Arbeitnehmern wahrgenommen werden.

Wir brauchen junge Menschen, Menschen, die mit den neuen Techniken aufgewachsen sind, die schneller denken, schneller leben … – so heißt es, und so verbauen wir unserer Gesellschaft den Weg zu mehr Sinn, mehr Potenzial.

„Warum wir ältere Arbeitnehmer nicht mehr brauchen“

Ich komme von Haus aus aus der Bankenbranche, und hier sind die neuen Strategien, die auf eine erfolgreiche Zukunft ausgerichtet sind, deutlich zu erkennen. Die Schnelligkeit der Technik ist maßgebend. Was lässt sich wie schnell automatisieren, digitalisieren? Um noch erfolgreich zu sein, brauchen wir „5-G-Mitarbeiter“ … 

Es ist heute so, dass das Erfahrungswissen der Arbeitnehmer nicht mehr zählt und diese Tendenz wird sich in der Zukunft noch verstärken (der Futuromat gibt hier z.B. für den Bankensektor wichtige Fingerzeige).

Nun, viele Entscheider finden diese Tendenz zwar auch schade, aber gut, denken sie sich. So sind die Zeiten, dann brauchen wir die älteren Arbeitnehmer eben nicht mehr. Dann ziehen wir diese eben nur aufgrund unseres sozialen Gewissens und aufgrund der Gesetzeslage mit. Und sind wir älteren Menschen nicht selbst schuld? Die sprichwörtliche Verbohrtheit der älteren Menschen … 

Die Verschwendung des Potenzials von älteren Menschen 

„Diese EDV-Änderung muss ich nicht mehr mitmachen …“, „Das ist neuer Kram, sollen sich die Jüngeren drum kümmern …“. Ja, oft scheinen die älteren Arbeitnehmer wirklich zu verbohrt zu sein und kein Potenzial zu besitzen, um produktiv an der Zukunft mitzuwirken.

Aber das ist in vielen Fällen das Ergebnis eines verhängnisvollen Wechselspiels: Bekommen Menschen oft genug gesagt oder zu spüren, dass ihr Wissen, ihre Erfahrungen nicht mehr wert sind, überholt, aus der Zeit gefallen, nutzlos, dann glauben sie dies auch irgendwann. Der Betreffende bekommt keine positive Rückmeldung mehr und verliert den Glauben an sich.

Zuschreibungen erfüllen ich selbst. „Du siehst aber müde aus“ – dies sagt jemand zu Ihnen und schon fühlen Sie sich müde. Und aufgrund dieser Stigmatisierungen, die sich in der Arbeitswelt auf dem zu starken Fokus auf Automatisierungen und Digitalisierungen zeigen, wird das Potenzial von älteren Menschen verschwendet.

Ein Plädoyer für das Erfahrungswissen

Die Grauhaarige, der Grauhaarige, hatten früher eine ganz andere Wertschätzung. Denn das Erfahrungswissen hatte eine höhere Wertigkeit. Ohne an dieser Stelle allzu sehr vermenschlichen zu wollen: in der Natur ist die Wertigkeit häufig sehr erfolgreich, die älteste Elefantendame hat die Führung …

Dadurch, dass wir den älteren Arbeitnehmern den Glauben an sich selbst nehmen – das Gefühl gebraucht zu werden –, verschwenden wir die ganzen Erfahrungen, die diese Menschen gemacht haben. Wir älteren sollten hier nicht mitmachen. Wir haben noch Ideen. Wir haben in uns Schätze von noch nicht gehobenen Potenzialen. 

Ich bin mir sicher: Verschwenden wir die Potenziale der älteren Menschen, so verlieren wir aufs Ganze gesehen an Menschlichkeit in der Arbeitswelt und unserer Gesellschaft. Und diese Verschwendung menschlichen Potenzials ist nicht einfach nur schade, sondern auch gefährlich. Denn ohne Vergangenheit ist unsere Zukunft arm.

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