„Greta ist auf einer gesellschaftlichen Welle gesurft, und dieser gesellschaftliche Trend hält weiter an.“, so las ich vor kurzem auf einem bekannten Blog für das Bankwesen. Der Autor freute sich darüber, dass Greta Thunbergs Stern sinkt, zumindest medial, aber noch gab er keine Entwarnung, denn Greta „wirke“ immer noch …
Quintessenz des Blogartikels: Greta Thunberg ist mitverantwortlich für die Krise, in der die Banken heute stecken. Eine Quintessenz, die mich geärgert hat. Weil ich Greta Thunberg für einen Menschen halte, der sein Potenzial nutzt, um Wertvolles zu leisten. Sie ist auf eine Weise wirksam, von der Entscheider in Unternehmen nur träumen können. Und weil ich den Eindruck hatte, dass Greta hier zum Buhmann stilisiert wird, um ihren Namen für mehr eigene Sichtbarkeit einzuspannen.
Aber gleichwohl fand ich den Artikel von Jörg Forthmann sehr spannend und erhellend. Denn hier zeigte sich für mich ein Denken, das typisch für die Branche ist und das ein zentrales Problem unserer Banken und auch vieler Unternehmen verschleiert.
Böse Greta, arme Banken?
„Greta schmiert ab – und Banken können sich trotzdem nicht freuen. Nachhaltigkeit wird zum Minenfeld für Kreditinstitute“, so lautet der Titel besagten Beitrags. Mag Greta Thunbergs Präsenz in den Medien auch abnehmen, für einen Aufhänger und eine schmissige, Aufmerksamkeit erregende Überschrift ist sie also immer noch gut …
Das erwähnte Minenfeld entsteht demzufolge, weil alle, die auf der Nachhaltigkeitswelle surfen, die Verantwortung für das Desaster, für das Greta symbolisch steht, abwälzen: Anstatt die Schuld also bei sich selbst zu suchen, selbst nachhaltig zu leben, den dicken SUV in der Garage stehen zu lassen (oder gar nicht erst zu kaufen), das Klima selbst zu schützen, suchen die Menschen, so der Autor, – in der Nachfolge von Greta – nach einem Schuldigen, dem sie die Verantwortung aufbürden können.
Und dieser stellvertretende Schuldige ist das Bankwesen, weil dieses „Schmuddelfirmen“ finanzieren würde: „Kreditinstitute werden Opfer der Delegation von Verantwortung“.
Böse Greta, arme Banken? Ganz einfach. Oder doch ganz anders? Differenzierter?
Alles nur eine Mode?
In einem Punkt stimme ich Jörg Forthmann zu: Unsere Gesellschaft als Ganzes verhält sich hinsichtlich Verschwendung und Konsum ziemlich schizophren. Wir verschwenden eine Menge Ressourcen und Potenzial, obwohl wir gleichzeitig dem nachhaltigen Wirtschaften und Leben einen hohen Wert beimessen.
Aber diese vorhandene Schizophrenie bedeutet nicht, dass die Forderung nach Nachhaltigkeit, die ganze Energie – und das eingesetzte Potenzial – der Jugend nur ein Trend wäre.
Die Rede von „einer gesellschaftlichen Welle“ und einem „gesellschaftlichen Trend“ verschleiert, wo das wirkliche Problem der Bankbranche liegt: im Leugnen der gesellschaftlichen Verantwortung. In der Entfernung von den Menschen. In einer Abkehr von den Kunden, den Bedürfnissen, den Belangen, den Interessen der Kunden – auch der Kunden von morgen.
Alles nur Mode? Klimawandel, Nachhaltigkeit, eine lebenswerte Zukunft, alles nur Trends, die kommen und gehen? So zu denken, scheint mir typisch für die Branche zu sein. Weil die Nachhaltigkeit zum Problem stilisiert – und nicht als Chance erkannt wird. Weil die Menschen und ihre Bedürfnisse als Störfaktoren empfunden werden.
Frei nach Goethes Faust möchte ich Ihnen deswegen die Gretchen … – also die Greta-Frage stellen: „Wie halten Sie es mit der Nachhaltigkeit?“
Denn ich bin mir sicher, die Antwort auf diese Frage gibt nicht nur Banken, sondern auch Unternehmen anderer Branchen einen wichtigen Fingerzeig.
Wie halten Sie es mit der Nachhaltigkeit?
Nachhaltigkeit bedeutet für mich, ein Leben zu führen, das Ressourcen nicht verschwendet, das im Heute auch immer die Zukunft in den Blick nimmt. Und vor allem bedeutet dies für mich: Das Zusammenspiel von Menschen und Umwelt, von jedem Einzelnen und der Gesellschaft auf eine Weise erlebbar zu machen, dass die Zufriedenheit zunimmt. Und mehr Zufriedenheit heißt mehr Potenzial, das sich entfaltet.
Potenzialentfaltung versus Ressourcenverschwendung – das sind Protagonisten im großen Spiel, in dem für mich die Kunst des Schlaulenzens eine wichtige Rolle einnimmt. Eine Kunst, die eine schlaue, und somit erfolgreiche Unternehmensführung beinhaltet.
Und wie steht es hier in Ihrem Unternehmen? Sind in Ihrem Unternehmen die Menschen Störfaktoren für den Profit? Ihre Mitarbeiter, die zu faul, zu wenig begeistert, zu alt oder oder oder … sind? Fühlen Sie sich als Opfer der Ansprüche Ihrer Kunden und /oder Mitarbeiter? Als Opfer Ihrer Kunden, die plötzlich Wünsche haben, die sie früher nicht hatten?
Oder agieren Sie schlauer? Denken Sie Ihr Unternehmen aus Kundensicht? Erkennen, dass die Potenziale Ihrer Mitarbeiter die Basis Ihres zukünftigen Unternehmenserfolges sind?
Sich um seine Kunden und seine Mitarbeiter zu kümmern, das ist nachhaltig – und diese Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern eine Notwendigkeit für gesundes und schlaues Wirtschaften.