„Karneval? Das ist bei euch Rheinländern doch die reinste Faulenz-Zeit. Das ist doch nur was für Rumhänger, Saufköppe und Anbaggerer.“

Solchen Vorurteilen begegne ich in vielen Teilen Deutschlands, die den echten rheinischen Karneval und seine Traditionen nicht kennen. Doch sobald ich diesen Menschen erzähle, wie meine Idee von Karneval ist, betrachten sie die Dinge gleich mit anderen Augen, versprochen.

Gelage und Exzesse

Ich muss gestehen, wenn Sie aus der Vogelperspektive auf das bunte Treiben für diese Ausnahmewoche blicken, können Sie zu einer solchen Schlussfolgerung kommen. Und Zeitungen drucken ja auch mit Vorliebe Bilder von den Trinkgelagen der vollgelaufenen Jugendlichen am Heumarkt ab. Kein Wunder, dass da ein negativer Eindruck entsteht.

Für mich bedeutet der Karneval aber etwas ganz anderes: Ich faulenze und saufe nicht. Diese besondere Zeit im Jahr steht für mich ganz im Zeichen des Schlaulenzens.

Alaaf Potenziale

Da nehme ich mir bewusst Zeit, um einfach Spaß mit meinen Mitmenschen zu haben, der mich mit ihnen verbindet und jede Menge Kreativität freisetzt. Und dieses Phänomen beobachte ich nicht nur an mir selbst, sondern auch an den vielen Jecken um mich herum: Da wachsen Menschen, die sich im Karneval bei der Organisation von Vereinssitzungen oder Umzügen beteiligen und tatkräftig mithelfen, über sich hinaus. Sie entwickeln Potenziale und übernehmen Verantwortung, die ihnen in ihrer Firma niemand zutrauen würde.

Ich begegne lässigen und offenen Menschen, mit denen ich scherzen und lachen und sogar gute Ideen entwickeln kann. Schon so manches lohnendes Geschäft wurde an Karneval gemacht! Oft kam ich von Sitzungen oder vom Straßenkarneval nach Hause und hatte ein paar neue Ideen auf Bierdeckel notiert sowie unternehmenslustige Menschen für neue Unternehmungen kennengelernt. Wenn man so zusammensitzt und sich austauscht, aufeinander achtet, miteinander lacht, dann entsteht eine besondere Verbindung. Böse Zungen nennen so etwas Klüngeln. Für mich ist das ein wichtiger Bestandteil des Schlaulenzens. Der uns alle im Karneval Spaß macht und uns in der Zeit danach gemeinsam voranbringt.

Im Karneval und anderswo

Doch Schlaulenzen bedeutet eben nicht nur Party machen. Ich nehme mir in der Karnevalswoche auch ganz bewusst Zeit und Raum, um mich aus dem stressigen Arbeitsalltag rauszunehmen, um abseits der Routine zu reflektieren. Zeit für mich und meine Gedanken zu haben.

„Also nichts wie auf den Heumarkt und hinein in den Karneval“, denken Sie sich jetzt vielleicht. Wenn Sie auch schlaulenzen wollen, wäre das natürlich eine mögliche Option. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass Sie mit der nötigen Ruhe und Achtsamkeit den Schlaulenz-Effekt auch überall sonst auf der Welt finden können. Auch in der Stille der Natur.

Vor Jahren saß ich so an einem Fluss in Argentinien. Ich hatte mir eine Auszeit genommen und war in diesem Moment zur totalen inneren Ruhe gekommen. Und plötzlich flossen die tollsten Gedanken durch mich hindurch. Ein echter Schlaulenz-Moment.

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